1. |
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Immer wieder fuhr ich raus,
in die bunten Weiten
und kam immer gern zurück,
was soll ich es bestreiten?
Ich fand nie den letzten Grund
für immer fortzugehen
Richtung Rostock sah man mich
immer stur am Ruder stehen
Heimat, kleinkariert und grau
Heimat, Bruder, Tochter, Frau
Heimat, bieder und beengt
Heimat, die ich mir von fern
immer viel schöner denk.
Den November warn wir weit
westlich der Azoren.
Wir brachten Kalisalz nach Kuba
und keiner traute seinen Ohren
als die Nachricht über Funk kam
warn die Momente schon Geschichte
später sahn wir dann im Fernseh’n
die Zeitzeugenberichte.
Als ich losfuhr, war das Land
noch wie ich es kannte
Als ich heimkam war’s mir fremd
wie eine weit ferne Verwandte.
Keiner hatte mich gefragt
alle waren wie auf Drogen
Bruder, Tochter, Frau
alle unbekannt verzogen.
Heimat, abgezockt und grell,
Heimat, alles viel zu schnell,
Heimat, nicht mehr zu versteh’n
Heimat los und Arbeit los
und Zeit an Land zu geh’n
Mein neues Leben sollte sein
das Gegenteil vom alten
nicht viel Geld, doch fiel mir ein,
das Land der Eltern zu verwalten.
Die warn in der LPG
sie wurden Rentner, ich wurde Bauer
ob an Land oder auf See
weht ein Wind, ein rauer.
Heimat, Krume unterm Pflug,
Heimat – von Null auf nie genug
Heimat, dieses Stückchen Welt:
Haus und Hof, Scheune, Stall
und das bestellte Feld.
Text und Musik: Heike Mildner
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2. |
Landschaft
03:14
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Landschaft
Kein Mensch mehr da der stört
Landschaft
was nicht hergehört
ist längst verschwunden
längst schon übern Berg
nur blühende Landschaft
blühende Landschaft
Die Fabriken die's gegeben
wussten nicht zu überleben
sind heut Zugvogelplätze
und Staffage für Gewächse.
Hier wildwuchern grüne Ranken
zwischen Hebeln, Kränen, Schranken
Fauna-Flora-Habitate
mit beschränkt humaner Rate
All die Hennekes von gestern
drehen ihr'n privaten Western
in Westfalen oder Bayern,
Suppenhühner unter Geiern.
Wer mutiert, kann überleben
ohne Scham, mit Darwins Segen.
Manchmal komm' sie auf Besuch
zu Looser-Paul ins Oderbruch.
Wenig Ärzte, wenig Kinder,
viel Getreide, Mais und Rinder
Leere Schulen, leere Kassen,
wenig Luxus, nix zum Prassen
Paulchen kriegt fürs Nixtun Bares
aus dem Töpfchen für Soziales
und der Hammer hämmert schwarz:
Tausend Grüße an Peter Hartz
Auch die Sichel sichelt weiter,
klar, wer arm ist, wird gescheiter –
die Kaninchen hinterm Haus
fahren froh die Löffel aus
freun sich über frisches Grün
bis sie in der Pfanne glühn
neben selbst geweckten Bohnen
nein, für's Glück braucht's keine Millionen
nur Landschaft
Text und Musik: Heike Mildner
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3. |
Aufm Acker
03:07
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Ach, auf dem Acker gehts mir immer gut,
der Wind weht hier fast wie auf hoher See,
wenn ich allein durch die Bestände geh,
macht mir die weite Stille wieder Mut.
Ich seh mich um, wie’s dem Getreide geht
ob wer dran frisst, was es, was es zum Wachsen braucht,
und bin ich ganz ins Pflanzenmeer getaucht,
bin ich ganz sicher, wie es um uns steht.
Denn was ich ernte, hab ich selbst gesät!
Das gute, schwere Korn
wächst nur mit Wasser, Fleiß, Geduld und Mist
Schlag um Schlag und nächstes Jahr von vorn.
Und schieb ich früh den Kühen Futter hin
dann freu ich mich, wenn sie, wenn sie zufrieden sind,
und sorge mich, was uns die Zukunft bringt,
wie langs noch dauert bis ich pleite bin.
Soviel gelernt in fünfundzwanzig Jahrn,
die hundert Kühe und zweihundert Hektar Land,
das gibt man nicht so einfach aus der Hand,
um wieder auf nem andern Kahn zu fahrn,
um wieder auf nem andern Kahn zu fahrn.
Denn was ich ernte, hab ich selbst gesät!
Das gute, schwere Korn
wächst nur mit Wasser, Fleiß, Geduld und Mist
Schlag um Schlag und nächstes Jahr von vorn.
Text und Musik: Heike Mildner
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4. |
Heilige Kuh
02:53
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Der Mensch, er wächst, dann ist er groß,
dann soll aus ihm was werden,
und hat er seinen Teil getan,
dann darf er wieder sterben.
Nur was er seinen Erben lässt
soll immer weiter wachsen
sind Zins und Dividende schlecht
dann schreit er und macht Faxen:
Heilige Kuh, wachs weiter, heilige Kuh, wachs weiter
Heilige Kuh wachs weiter, weiter hierzulanden,
heilige Kuh wachs weiter, heilige Kuh
und scheiß uns Gold und Diamanten …
Der Mensch soll schaffen, fleißig sein,
und hübsch bescheiden bleiben.
Das Kapital, das scheue Reh,
das könnt’ er sonst vertreiben.
Es wandert dann nach China aus
zu fleißigen Chinesen,
und hier steh’n alle Räder still
als wär’ nie was gewesen!
Heilige Kuh, wachs weiter, heilige Kuh, wachs weiter
Heilige Kuh wachs weiter, weiter hierzulanden,
heilige Kuh wachs weiter, heilige Kuh
und scheiß uns Gold und Diamanten …
Der Mensch ist klug, doch merkt er nur
sehr selten, wann’s genug ist.
Und reicht man ihm den süßen Brei,
dann frisst er, frisst und frisst und frisst.
Die Erde wird ihm gnädig sein.
Der Mensch ist auch nur Dünger.
Und ist er fort, fühlt sie sich bald,
Millionen Jahre jünger.
Heilige Kuh, wachs weiter, heilige Kuh, wachs weiter
Heilige Kuh wachs weiter, weiter hierzulanden,
heilige Kuh wachs weiter, heilige Kuh
und scheiß uns Gold und Diamanten.
Text und Musik: Heike Mildner
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5. |
Bützow
04:22
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Als Kind fing ich hier Krebse mit der Hand.
Die Warnow floss viel schneller als die Zeit.
Ich zählte Möwen auf den Fischerreusen.
Das Boot im Schilf, der Himmel blau und weit.
Die Mutter heizte, kochte, wusch und sorgte
sich um fünf Kinder, das vierte, das war ich,
wir strapazierten Geigen und Klaviere
mit schiefen Tönen und nem schrägen Strich.
Der Wall am Graben und die Häuserzeile
warn Spielplatz für die Kinder im Quartier.
Kaum kam uns mal ein Auto in die Quere
Ja, diese Art von Freiheit hatten wir.
Meine Heimatstadt
ist nur bekannt durch ihren Knast
wenn ich hier nicht geboren wär,
käm ich bestimmt nicht mehr hierher
Behütet wuchs ich hier heran,
was ich von keinem andern Ort
auf dieser Welt behaupten kann,
hier fing mein eines, kleines, großes Leben an.
Der alte Schulhof mit der dicken Linde,
in seinen Ecken konnte man verschwinden.
Der Umzug dann ins H aus Fertigteilen,
genormt, genormte Menschen zu entbinden.
Der neue Hof war aus Beton gegossen,
paar junge Bäume, nicht viel höher als der Zaun,
Die Fahne wehte über unsern Köpfen,
zum Rauchen sind wir in der Pause abgehaun.
Kein Auto brachte mich in fremde Weiten,
das Rad dafür zu Oma nach Zernin.
Mit 16 bin ich von hier aufgebrochen
die Welt zu sehn, zumindest mal Schwerin.
Meine Heimatstadt
ist nur bekannt durch ihren Knast
wenn ich hier nicht geboren wär,
käm ich bestimmt nie mehr hierher
Behütet wuchs ich hier heran,
was ich von keinem andern Ort
auf dieser Welt behaupten kann,
hier fing mein eines, kleines, großes Leben an.
Meine Heimatstadt
hat Hass und Dummheit hinter sich
die Nazis ließen sich hier gehn
ich hab es selbst mit angesehn.
Der Obernazi auf den Rathausstufen
hat sich aufs deutsche Volk berufen
und ein paar Gurken hinterm Zaun
wurden ganz welk und faul und braun.
Und ein Jahr später, Anfang Mai
setzte ein Sturmwind Kräfte frei,
er fegte wild über den See,
schoß als Tornado durchs Carree,
und so hat wieder über Nacht
mein Bützow Schlagzeilen gemacht,
die Menschen habens überlebt
und aufgeräumt und ausgefegt.
Text und Musik: Heike Mildner
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6. |
Pendler im Winter
02:36
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Pendler im Winter
(nach Heinrich Heine)
Im düstren Auge keine Träne
Wir stehen am Bahnsteig und fletschen die Zähne,
warten gespannt auf den Zug in die Stadt
der Frost reißt am Mantel, mehr findet nicht statt.
Wir pendeln, wir pendeln.
Die Deutsche Bahn hat gute Pläne,
Papier ist geduldig, wir fletschen die Zähe,
Ansagen rieseln wie Schnee auf uns nieder
doch der Zug will nicht komm’, uns erstarren die Glieder.
Wir pendeln, wir pendeln.
Dann kommt der Zug doch noch und ist rappelvoll
wer weiß, was das hier noch werden soll,
Verspätet auf Arbeit, das holen wir nach,
dann geht es zurück – mit Gemach, mit Gemach...
Wir pendeln, wir pendeln.
Arbeit für uns gibt es nur in der Stadt.
Vom Lohn dafür zahl’n wir das Eigenheim ab,
bedienen Kredite, zahln all unsere Zechen
und erfüllen das Wohlstandsversprechen.
Wir pendeln, wir pendeln.
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7. |
Tage wie dieser
03:28
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Heut’ lass ich endlich mal das Auto steh’n,
ich geh zu Fuß und ich genieß das Geh’n,
ich schnaufe, setze Fuß um Fuß,
obwohl ich’s gar nicht müssen muss, ajo
Am Bahnhof zwischen immer müden Pendlern,
vorbei an lauten, nimmermüden Händlern
auf Arbeit zwischen reizbaren Kollegen
lächelnd nehm' ich, was da kommt, entgegen.
Tage wie dieser sind ein Geschenk
wenn ich voll Dankbarkeit an dich denk
Irgendwie blieb auch mein Handy liegen
Unerreichbarkeit ist ein Vergnügen
und weil’s so schön ist, bleibt zu Haus
abends auch der Bildschirm aus, ajo
Das Badewasser hüllt mich ein, ich träume
von all den Dingen, die ich grad versäume,
und bin – zumindest augenblicklich –
unversehrt und - - wunschlos glücklich.
Tage wie dieser sind ein Geschenk
wenn ich voll Dankbarkeit an dich denk
Manchmal fühl ich mich wie altes Eisen.
und möchte nur noch von mir selbst verreisen
doch jetzt ist mir ganz frisch und leicht.
Schon heb ich ab, der Wind weht weich, ajo, ajo
Das Leben prickelt heut wie Limonade
Zum Trübsal blasen ist es viel zu schade.
Ich freu mich so, du kannst es sehn
dafür ließ ich mein Auto stehn, ajo, ajo
Tage wie dieser sind ein Geschenk
wenn ich voll Dankbarkeit an dich denk
Text und Musik: Heike MIldner
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8. |
Ist mein Leben
02:17
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Was ich tue, was ich lasse,
wem ich helfe, wo ich passe,
und noch manche andre Sache,
über was und wen ich lache
das mit Ausdauer erreichte
aber auch das müh’los Leichte
Ist mein Leben, ist ein Fließen,
bis zum Ende zu genießen,
bis zum Ende, bis zum Geh’n
eine andre Welt zu seh’n
Was ich seh’ und nicht begreife
was ich fasse, flüchtig streife
was ich schwer beschreiben kann
ein Geräusch, ein Duft, ein Klang
das Gesicht, das ich berühre
die nur angelehnte Türe
Ist mein Leben, ist ein Fließen …
jede herzliche Umarmung
jede aufgegebne Tarnung
jede eingerissne Mauer
jedes Hoffen, jedes Trauern,
jede eigene Erfahrung
manche späte Offenbarung
Ist mein Leben, ist ein Fließen …
Text und Musik: Heike Mildner
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9. |
Der letzte Grund
02:30
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ER treibt das Meer dem Ufer zu
wieder und wieder und wieder
ER fängt nicht an und hört nicht auf,
gibt Mond und Sternen ihren Lauf
und Stoff für Brot und Lieder.
ER spricht zu uns auf seine Art:
mit den Steinen, den Pflanzen und Tieren.
ER lässt uns sein, so wie wir sind,
selbst wenn wir für sein Werben blind
nach Ruhm und Gütern gieren.
ER hält zu uns und gibt uns Halt,
bestärkt uns, wir soll’n uns nicht grämen:
Der Sinn des Sinns, der letzte Grund
reicht dir die Hand, macht dich gesund.
Du brauchst sie nur zu nehmen.
Text und Musik: Heike Mildner
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10. |
Traum und Wirklichkeit
02:42
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Traum und Welt verwoben.
Ich häng‘ in dem Geflicht
und fühle mich gefangen,
und bin es. - Bin es nicht.
Kommst mir im Traum entgegen,
geheimnisreiches Wesen,
nimmst meine Hand und hältst sie
und kannst Gedanken lesen.
Mir stockt vor Glück der Atem.
Die Zeit steht wirklich still.
Machst, dass ich nie erwachen
und immer träumen will.
Wir sehn uns auf der Straße,
wohl auf dem Weg zur Arbeit
du lächelst freundlich, ich verwirrt,
von Dichtung, Traum und Wahrheit,
und steh benommen, ist doch
alles schon gesagt und nichts getan.
Zeitlupensequenz ...
das Leben ist profan:
Wir nehm' uns in die Arme,
wie man das heut so macht.
Ich könnt‘ dich ewig halten, doch
das scheint nicht angebracht...
So lass ich dich denn los
und laufe weiter geradeaus.
Wie find ich meine Ruhe wieder,
wie find ich nach Haus?
Text und Musik: Heike Mildner
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11. |
Wohin ich will
03:46
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Ich lieg im Bett, die Sonne scheint,
das Laub fällt leise von den Bäumen
vorm Fenster säuselt sanft der Wind
ich habe frei heut, Zeit zu träumen.
Ne Spinne kommt zum Fenster rein,
ihr ist wohl draußem kalt geworden,
Eichhörnchen sammeln Nüsse ein ...
Und dann schmeißt er den Laubsauger an
und ich weiß, dass ich jetzt
nicht mehr schlafen kann
und dann saugt er das Laub,
und ich werd allmählich taub
wohin ich will, da ist es still.
Ich sitz am Schreibtisch, draußen schneits,
die Tannen gehn auf Winterreise
ne Meise schaut zum Fenster rein
Die Welt ist friedlich, still und leise,
Ne kühle weiße Flockendecke
legt sich auf Straßen, Wiesen, Dächer
das Eichhörnchen prüft die Verstecke ...
Und dann schmeißt er die Schneefräse an
und ich weiß, dass ich jetzt
nicht mehr denken kann
und dann fräst er denn Schnee,
mir bleibt nur, dass ich geh,
wohin ich will, da ist es still.
Der Frühling kommt, die Luft weht lau,
man hofft, dass bald das Grün sich zeige,
Der Nachbar sitzt im Kirschenbaum
und schneidet Äste ab und Zweige,
die Katze schleicht ums Gartenhaus
die Wäsche trocknet auf der Leine
das Eichhörnchen späht Keller aus ...
Und dann schmeißt er den Gartenhäcksler an
Und ich schrei’s in den Lärm,
dass er mich mal kann,
Nein, er wird es nicht hörn,
lässt sich nicht einmal störn,
ich muss jetzt fort, sonst gibts n Mord,
wohin ich will, da ist es still.
Text und Musik: Heike Mildner
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Heike Mildner Berlin, Germany
Berlin ist lange her, doch wer kennt schon Lietzen - 60 km östlich von Berlin am Rand des Oderbruchs? Hier passiert nicht viel, außer man macht selbst was. Ich schreibe Lieder, singe sie zur Gitarre und für die neue CD habe ich Geige, Bass, Banjo, Akkordeon aus der Ecke geholt. ... more
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